Folgend der Artikel des Burgenforschers Prof. Alfred Höllhuber zum Burgstall Alt-Hagenberg. Den Artikel im Word-Format gibt es hier als Download
I. Der „Schlossberg" (im Volksmund: Althagenberg):
1. Einleitung
In der Gde. Hagenberg, Bez. Freistadt, liegt westlich gegenüber dem Schloss Hagenberg - durch das tief eingeschnittene, schluchtartige Tal der Visnitz getrennt - ein aus dem höheren Bergland nach Südosten vorspringender, bewaldeter Hangsporn, der seit alters "Schlossberg" heißt. Im Franziszeischen Kataster aus 1826 wird die Visnitz, die den schmalen, gratigen Hügel im Osten und Süden umfließt, hier "Klingenwehr Bach" genannt (mundartlich: "Klingöwear").
Weil nun der Flurname Schlossberg und ein künstlicher Quergraben auf eine ehemalige Wehranlage deuten, wurden schon vor längerer Zeit vom Verfasser oberflächliche Bodenuntersuchungen vorgenommen. Diese ergaben aber nur den Fund von kleinen, gebrannten Lehmbrocken und einigen, wenigen Keramikscherben, die das Bestehen einer Anlage für die Zeit der Romanik (vor etwa 800 Jahren) angeben. Fast das gesamte Areal war von ehemaligen Mauersteinen und das seichte Erdreich durchziehenden Baumwurzeln bedeckt.
Nun wurden im Sommer 2004 mit der dankenswerten Erlaubnis des Grundbesitzers, Herrn Josef Gradl, umfassende Grabungen - soweit dies der Baumbestand zuließ - vorgenommen. Geschichtlich besonders interessant ist der Platz zudem, weil an der westlichen Flanke des Schlossberges einst die älteste Trasse der Salzstraße vorbeiführte, von der noch am anschließenden Berghang gewaltig ausgeformte Hohlwege zeugen.
2. Topographische Angaben
Der etwas mehr als 200 m lange Rücken der Bergnase verläuft vom Berghang weg erst rd. 80 m fast eben, steigt dann allmählich ungefähr 20 m weit 4 bis 6 m hoch zu einer kleinen Felsgruppe an und fällt wieder leicht knapp 60 m gegen den gut 10 m breiten Quergraben ab. Da sich hier der Rücken gegen Süden hin stärker neigt, ragt der gegenüberliegende, querebene Schlossberghügel viel höher auf. An der Nordostseite bildet der Rand der Höhe zur Visnitz hin überall eine scharfe Kante, von der weg die Flanke zur Schlucht an manchen Stellen äußerst steil abfällt. Das bebaute Areal der ehemaligen Anlage bleibt erst rd. 25 m eben und fällt dann nach einer Felsgruppe weitere 25 m in der Südostrichtung einige Höhenmeter ab, wo dann wieder ein Steilhang bis in die Talebene der Visnitz den "Schlossberg" beendet. Während an der sonnigen Süd- und Südwestseite der Laubwald vorherrscht, besteht an dem schattigen und sehr felsigen Hang zur tiefen Schlucht durchwegs Nadelholz. Der Klingenwehr Bach wird heute wohl wieder bis zur Quelle in der Flur Au bei Rempeldorf nördlich vom Kempfendorfer Berg Visnitz genannt - ein Zwischenstück allerdings auch Oberaich-Bachl.
3. Grabungsergebnisse und Vermessung
Nachdem sich an einigen Stellen der Mauerverlauf eines Gebäudes durch die gerade Steinsetzung abzeichnete, wurde dort der Bauschutt weggeräumt, was schließlich das Vermessen eines rechtwinkeligen Grundrisses von etwa 6,10 m zu 15,30 m erlaubte, wobei die Mauerstärke rd. 0,90 m ergab. Eine genaue Maßangabe ist wegen der meist groben Form der unbehauenen Klaubsteine und der teilweise durch Wurzeln verursachten Verschiebung nicht möglich; außerdem ist der Kalkgehalt und damit die Härte des Mörtels aus gelblichem Flinzsand sehr gering, weil der Kalk meist nur in nicht aufgelösten, bis zu 5 cm großen Knöllchen vorkommt (als ob das Kalkbrennen und -löschen noch nicht gekonnt worden wäre). Die Nordostseite des Hauses liegt direkt am Rand zur Visnitz Schlucht, wo die tiefer greifende Grundfeste teilweise aus urtümlichen, bis zu 1,50 m langen Felsbrocken besteht.
Schließlich konnte bei der weiteren Ausgrabung eine 0,70 m breite Zwischenmauer freigelegt werden, die genau in der Mitte eine rd. 0,90 m weite Türöffnung aufwies. Durch die Unterteilung entstanden an der Zugangsseite ein Raum von 4,30 zu 8,90 m und dahinter der kleinere von 4,30 zu 3,90 m. Der größte erhaltene Mauerteil erreicht an der Südwestecke des großen Raumes eine Höhe von 0,85 m. Andere Mauern waren auf dem umliegenden Platz nicht mehr feststellbar, obwohl lose Mauersteine noch zahlreich zwischen sehr viel losem Mörtelsand liegen. Vielleicht wurden die Hausmauern beim Abbruch absichtlich nach innen verstürzt, um von dort weg die brauchbarsten etwa zum Steinbau der früher fast ganz aus Holz bestandenen Bauernhäuser abtransportieren zu können.
Der im Lauf der Zeit schon etwas verformte, 10 m breite Spitzgraben hat noch immer eine Tiefe von bis zu 3,50 m. Seine Sohle wird durch abgewittertes Material, worauf auch die noch vorragende Felsklippe deutet, etwas aufgefüllt worden sein. Obwohl er geradlinig angelegt worden ist, scheint er auf dem Plan und in der Natur (täuschend) einen leichten Bogen zu bilden, weil die Sohle dem Gelände nach beidseitig abfällt. An der Außenstelle des möglichen Brückenansatzes liegen Mauersteine, die hier am Hang des Vorfeldes eine waagrechte Auflage gebildet hatten. Da der Grabenrand - wie schon oben erwähnt - an der Burgseite hier fast 1,00 m höher liegt, ergab dies eine dementsprechende Steigung der sicher aus Holz bestandenen Brücke, die wahrscheinlich in der Mitte unterstützt war,
Über die mittelalterlichen Bauvorschriften für Wehranlagen, nämlich den Sachsenspiegel (um 1220), den Schwabenspiegel (1275) und das Österreichische Landrecht wurde in früheren Veröffentlichungen schon mehrmals berichtet. Auch der vermutbare Alltag der Bewohner eines bäuerlichen Sitzes, ihre Arbeitsaufgaben, die Ernährung, Jagd und Fischerei, die Einrichtung der Wohnung u. a. m. wurden schon beschrieben. Dies kann nicht ständig wiederholt werden, ist aber im OÖ. Landesmuseum, im Landesarchiv und in der Stadtbibliothek Linz, dann teilweise in den OÖ. Heimatblättern, im Jahrbuch des OÖ. Musealvereines, in den Heimatbüchern von Tragwein und Weitersfelden, in der Volksschule Reichenstein und vereinzelt im Burgmuseum Reichenstein nachzulesen.
4. Der Plan
5. Bilder (Anm. die Bilder aus der Publikation werden neu aufbereitet und nachgereicht)
6. Erkenntnisse und Vermutungen
Eine Beschreibung der Aufbauten wie bei den Sitzen der Freibauern ist nicht möglich, weil dort die Hausgröße auf ebenem Grund nur 6 zu 9 m betrug und die außen angebaute Küche immer im ersten Geschoß mit dem Schlot an der Wohnstubenwand lag, während hier mit dem 3,90 mal 4,30 m großen Raum eine Küche oder Schmiede ebenerdig nachgewiesen werden kann, deren Schlot sich an der Außenwand befand. Außerdem geben die nur hier im großen Raum gefundenen Reste von Fachwerkmauern Rätsel als bisher unbekannt auf.
In der Schmiede war über einem dort nicht weggebrochenen Felsmugel, der vom späteren Fußboden bis zu einem halben Meter aufragt, der Herd im Grundausmaß von 1,70 zu 2,00 m errichtet worden. Sein Grundriss zeichnet sich durch die im Boden erhalten gebliebene Holzkohleschicht außerhalb dieses Rechteckes deutlich ab. Auf die Benützung als Schmiede weisen auch die hier gefundenen 3 Eisenschmelzbrocken, 2 Hufnägel und 12 Vierkant-Langnägel hin. Die südöstliche Außenmauer der Schmiede war zum Teil auf der schon genannten Felsgruppe aufgesetzt.
Nach dem Freilegen der Maueröffnung für die Tür in den großen Raum konnte die Herkunft der 2 bis 3 cm starken Holzkohleschicht geklärt werden, die auch dort und noch weiterhin im großen Raum überall, sogar bis in jede Ecke hinein, den Boden bedeckt. Nach der beigelegten Skizze war an beiden Innenecken der Maueraussparung für die Tür über der untersten Steinlage ein Platz (20 zu 23 cm) freigelassen, auf dem offensichtlich die senkrechten Pfosten des Türrahmens aufsaßen, zwischen denen einst ein Querbalken den unteren Türanschlag bildete. Da nun der Mauerabsatz gut 20 cm über dem Urboden mit dem geglätteten Estrich aus Flinzsand liegt, muss in dieser Höhe ein Holzboden verlegt gewesen sein (Pfostenbretter auf Polstern), der beim Abbrand des Hauses überall die gleich hohe Holzkohleschicht erzeugte.
Da die Wohnräume auf Sitzen und Burgen der Regel nach in den höheren Stockwerken lagen, dürfte auch hier der große Raum als ebenerdiger Keller gedient haben, zu dem eine Stiege innerhalb des Hauses führte. Als Funde fielen hier lediglich einige Tonscherben, ein Türschlossteil und fünf Nägel an. Leider konnte der gesamte Platz wegen der vielen Baumwurzeln nur sporadisch bis auf den Urboden freigelegt werden.
Ungeklärt bleibt die Verwendung der im nördlichen Teil des großen Raumes verstreut gefundenen Stückchen harten (gebrannten?) Lehmes mit Abdrücken eingelagert gewesener, bis zu 3 cm dicker Rundholzstäbe, die parallel, aber auch kreuz und quer verliefen, wie dies bei Fachwerkbauten gebräuchlich ist; an zwei Brocken zeichnet sich aber auch Flachholz ab. Ähnliches wurde nur auf dem Hausberg an der Kleinen Naarn gefunden, wo aber nur der Balkenboden der Küche von einem einige Zentimeter dicken Lehmflöz bedeckt war. Vielleicht war dieses Fachwerk eine später eingefügte Zwischenmauer, wie auch Otto Piper (Burgenkunde, S. 471) über die inneren Scheidewände berichtet, dass "sie entweder nur aus Brettern und Balken oder aus Fachwerk, welches einfach mit Stückstecken und Strohlehm (nur ausnahmsweise mit Mauerwerk) ausgefüllt war, bestanden. Sie wurden öfter erst viel später in weite, ungeteilt aufgeführte Räume eingefügt und auch nach dem wechselnden Bedürfnis der Bewohner geändert."
Die Frage nach der Möglichkeit der längeren Wasseraufbewahrung kann beweiskräftig nicht beantwortet werden. Dies gilt nicht nur für die Holzburgen der Freibauern, sondern auch für die anfangs ebenso kleinen, sogenannten "Ritterburgen"; eine Ausnahme mag Ruttenstein sein, deren ältere Zisterne aber auch, nicht vom Anbeginn der Feste bestanden sein musste. Möglich wäre ein großes Holzfass (wie auf den mittelalterlichen Schiffen) oder ein irdenes Großgefäß mit einem dicken Mundsaum von etwa 70 cm Durchmesser und einem Gesamtgewicht von 30 kg und mehr (wie es schon gefunden wurde). Einige Scherben eines solchen Riesentopfes lagen hier in der Schmiede.
7. Die notwendige „Mutung"
Nun wurde die Umgebung des Hauses bis zum Graben und den Abbruchkanten zu den Steilhängen mit der Wünschelrute "gemutet". Über die Punktion der Radiästhesie (der Strahlenfühligkeit), über ihre Glaubwürdigkeit, aber auch der Fehlermöglichkeiten und sogar der Unerklärbarkeit wurde in früheren Veröffentlichungen schon mehrmals berichtet. Hier konnten vom Verfasser nach der Aufnahme der Strahlenart die auf dem Plan ersichtlichen Bauten festgestellt werden. Auf dem Platz zwischen Haus und Graben zeichnete sich ein Rechteck ab, entlang des Grabenrandes und der Hangränder (teilweise darüber hinaus) eine Doppellinie mit einem Abstand von rd. 1,70 m, und überraschenderweise auf dem bis einige Meter tiefer liegenden Platz am Südostende des Rückens ein weiteres Rechteck im Ausmaß von 3,90 zu 4,50 m.
Im Vergleich mit den bäuerlichen Sitzen konnte es sich bei der Doppellinie nur um die Eingrenzung eines hölzernen Wehrganges handeln, wie er auch früher mehrmals beschrieben wurde. Das Rechteck vor dem Haus war ziemlich sicher der Stall, weil hier ein Hufnagel gefunden wurde. Da die Grundfesten fehlen, ist die im Plan eingezeichnete Größe von 3,80 zu 4,40 m nicht sicher; möglich ist auch die Ausdehnung bis unter den Wehrgang in der Größe von 3,80 zu 6,10 m. Die zwischen Stall und Haus eingezeichnete Stiege (in das erste Wohngeschoß und auf den Wehrgang) ist nur wahrscheinliche Annahme. Das Viereck im hinteren, tiefer gelegenen Hof wird der Grundriss einer Hütte sein, in der vielleicht ein Knecht wohnte. Außer dem Haus besaßen alle Holzbauten als Nässeschutz oder zur Errichtung eines waagrechten Sockels nur ein niedriges Mauerwerk, von dem aber meist nur mehr einige Steine vorhanden sind.
8. Der Fundbericht
Bei Beginn der Grabungen im Sommer 2004 bestand die berechtigte Hoffnung auf die Bergung vieler Funde, weil der Fundplatz größtenteils eben ist und daher das Abrutschen und Verschwinden der ehemaligen Kulturgüter kaum möglich war, wie es bei früher schon untersuchten Anlagen leider häufig festgestellt werden musste.
Da nach der teilweisen Freilegung der Grundmauern eines Hauses bis zu einer Höhe von rd. 80 cm erkannt wurde, dass die gesamte Innenfläche mit Mauerschutt aufgefüllt war und die meist sehr großen Steine - von unzähligen Baumwurzeln umzogen - das Graben nur sporadisch zuließen, ergab dies lediglich eine geringe Fundausbeute. Außerdem zeigten drei größere Gruben, dass schon gegraben worden war.
Nach der andernorts gemachten Erfahrung konnten die meisten Funde außerhalb des Abtrittes (des Abortes) gefunden werden, wo ja auch die Abfälle aus der Küche entsorgt wurden. Dieses "Plumpsklo" konnte sich hier nur an der Längsseite des Hauses zur Visnitzschlucht befunden haben. Aber auch sämtliche Grabungsversuche darunter in dem sehr steilen, felsigen, Wurzel durchzogenen Hang blieben wegen der Bodenverhältnisse erfolglos.
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