Grabungen am Teufelsturm / Oberösterreich

 

Kurze Geschichte über die Grabungen am Teufelsturm 2003/2004

Die Gegend rund um Waldneukirchen ist wegen seiner abwechslungsreichen Landschaft weit bekannt und ein beliebtes Wander- und Ausflugsziel für Groß und Klein. Doch auch etwas mystisches hat dieses Alpenvorland, etwas uriges im positiven Sinne; keine breiten Autoschneisen führen durchs Land, sondern großteils jahrhundertealte Straßen und Wege, die schon unsere Vorfahren benutzten. Und urig sind auch viele der Flur- und Flußnamen und sogar die Namen der Gehöfte zeigen oft sonderbare Namen. So gibt es unweit von Waldneukirchen einen kleinen Bach namens "Teufelsbach", der durch die "Höllschlucht" verläuft und einen ganz bestimmten Geländesporn umfließt, der den Namen "Teufelsturm" trägt. Und genau über diesen "Teufelsturm" rankt sich die Sage über eine Burg, die hier gestanden haben soll.

Im Sommer 2002 fand in Waldneukirchen, Bezirk Steyr-Land Oberösterreich, eine bemerkenswerte Aktion statt, die nicht nur in der Fachwelt für Aufsehen sorgte. Unter reger Mithilfe der Bevölkerung wurde die Archäologische Ergrabung eines Geländesporns in der Flur "Teufelsturm" eingeleitet. Eine Sage berichtet seit langem vom Versinken einer Burg, die einst hier gestanden haben soll. Ortsansässige Bevölkerung, Heimatforscher, Archäologen und Gemeindebedienstete gingen "ihrer" Sage auf den Grund und konnten in zwei geleiteten Grabungen in den Jahren 2003/2004 einige beachtliche Erfolge verbuchen. So wurden nicht nur mehrere aussagekräftige Fundstücke geborgen, wie etwa ein Radsporn, mehrere Fragmente von Noppenbechern und Armbrusttüllen, es konnten auch relevante Mauerzüge und eine ungefähre Lage einer tatsächlich hier gestandenen Burg dokumentiert werden. Eine Sensation!

Weiters wurde eigens eine Homepage eingerichtet, die ebenfalls unter der maßgebenden Beteiligung von Frau Mag. Katharina Ulbrich erstellt und administriert wurde. So wurden etwa sämtliche Grabunsgberichte, sowie nahezu täglich Fotos vom Grabungsgelände und nach Abschluß der Tätigkeiten vor Ort Grabungsberichte und Pressekommentare veröffentlicht. Erstmals in der Geschichte waren im Internet simultan zur archäologischen Grabung tägliche Bilder, persönliche Anmerkungen, Grabunsgsberichte sowie die bemekenswerten Funde zu sehen. Der kleine Ort in Oberösterreich schrieb hier selbst einen kleinen Teil seiner eigenen Geschichte!

 

Alles begann im Sommer 2002, als am 11. Juli das Grabunsglager errichtet wurde und bereits feststand, das diese archäologisch geführte Grabung so ganz anders werden würde als alle Vergleichbaren zuvor. Die Anregung hierzu kam nämlich von der ortsansässigen Bevölkerung, speziell vom Grundbesitzer des Teufelsturms Rudolf Himmelfreundpointner, die ihre Sprecherin in der engagierten Frau Mag. Katharina Ulbrich fanden, die sich sofort für dieses großartige Projekt einsetzte. Mithilfe der Bevölkerung und zahlreichen Freiwilligen, die sich in der Folge meldeten, wurde es auch möglich, die Grabung in diesen Ausmaßen durchzuführen. Es wurden in der Folgezeit unglaubliche 2000 (!) freiwillige Arbeitsstunden geleistet, sowie zahlreiche Hilfestellungen in Anspruch genommen wie etwa Baustrom, Traktor- oder Baggerstunden, oder das Quartier das von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wurde. Dadurch blieb der Aufwand für das OÖ. Landesmuseum in einem vertrebaren Rahmen. Zitat Engelmann: "Es bleibt zu hoffen, dass diese fruchtbare Art der Zusammenarbeit Schule machen und in kommenden Jahren auch von anderen Gemeinden genützt wird."

Es wurden viele Vorbereitungsarbeiten gemacht, um entlang des Suchabschnittes ab Montag, den 15. Juli 2002 um 8 Uhr früh den ersten Spatenstich zu setzen zur archäologischen Ausgrabungen in Waldneukirchen. Als Schutz vor Witterungseinflüssen wurde unter der großen Mithilfe zahlreicher Waldneukirchner ein großes Bundesheerzelt aufgestellt, das unter der Bedingung verliehen wurde, dass hier in Waldneukirchen Verteidigungslinien aus dem Mittelalter erforscht werden. Das Archäologenteam Grabungsleiter Mag. Josef Engelmann und seine Mitarbeiterin Archäologin Ulrike Anzenberger legten den T-förmigen Suchschnitt fest, der eine Breite von ca. 3m aufwies. Der Suchschnitt verlief quer über das gesamte vermutete Burggelände und orientierte sich, wie die Burg selbst auch, an der Geländeformation. Durch erste Abholzungen kamen die ersten Geländeformationen zum Vorschein und es zeichnete sich eine ungefähre Lage der möglichen Burg ab.

 

Auf der offiziellen Homepage befinden sich zahlreiche Bilder und Fakten rund um die Ausgrabungen am Teufelsturm.


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EINE GEMEINDE ERFORSCHT IHRE GESCHICHTE: DIE BURG AM TEUFELTURM

VON MAG. JOSEF ENGELMANN

Im Sommer 2002 fand in Waldneukirchen, Bezirk Steyr-Land, eine bemerkenswerte Ausgrabung statt. Anders als bei gesetzlich „erzwungenen“ Grabungen waren Grundeigentümer, Gemeinde und Bewohner des Ortes begeistert über die Tatsache, dass Archäologen am Werk waren. Die Erforschung der Burganlage, die im Mittelalter auf dem Teufelsturm gestanden hatte, war geprägt von einer ungewöhnlich fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Heimatforschern, Bevölkerung und Archäologen.
Die positiven Erfahrungen während dieses Projektes haben möglicherweise eine neue Ausgrabungs-Ära des Oberösterreichischen Landesmuseums eingeleitet: Es ist geplant, in Zukunft verstärkt dort zu forschen, wo die ansässige Bevölkerung archäologische Ausgrabungen wünscht und fördert. Durch die Sage von einer versunkenen Burg ist die Flur „Teufelsturm“ seit Generationen für die Bevölkerung von Waldneukirchen interessant. Auf Initiative von Mag. Katharina Ulbrich beschlossen mehrere Einwohner, der Sage auf den Grund zu gehen und eine Ausgrabung durchzuführen. So wurde mit dem Oberösterreichischen Landesmuseum Kontakt aufgenommen und um Hilfestellung ersucht.

Durch die Übernahme der wissenschaftlichen Leitung durch Frau Dr. Christine Schwanzar war nicht nur das archäologische Fachwissen gewährleistet, sondern auch das notwendige Ansuchen um Grabungsgenehmigung beim Bundesdenkmalamt lediglich eine Formsache. Das OÖ. Landesmuseum stellte das notwendige Wissen für eine archäologische Ausgrabung in Form mehrerer grabungserfahrener Mitarbeiter sowie die benötigte technische Ausrüstung zur Verfügung. Bereits vor Grabungsbeginn erfolgte eine vermessungstechnische Aufnahme des gesamten Geländesporns. Die örtliche Grabungsleitung übernahm der Berichterstatter.
Die Flur „Teufelsturm“ ist ein Geländesporn einer Schotterterrasse über der Steyr. Der Sporn wird im Westen, Norden und Osten vom Teufelsbach umflossen. Diese günstigen landschaftlichen Voraussetzungen wurden im Mittelalter zur Anlage einer Abschnittsbefestigung genützt. Im Gelände sichtbar sind der Abschnittsgraben im Süden und ein Brunnenschacht im Norden der Anlage. Letzterer war bereits vor rund fünfzehn Jahren durch Einheimische von Schutt befreit worden. Mauerzüge sind im Gelände nicht erkennbar. Sie sind durch Steinraub bis in die Fundamente zerstört. Das Wegtragen der Steine ist wohl auch der Grund für das „Versinken“ der Burg in der Sage. Der Schwerpunkt der Untersuchungen wurde auf den südlichen Bereich der Anlage gelegt. Durch Verfärbungen im Schotter und durch ein gut erhaltenes Mörtelbett konnte eine zumindest 2,80 m starke Umfassungsmauer auf einer Länge von 23,00 m dokumentiert werden, mit der der Sporn im Verlauf des Abschnittgrabens gesichert war.
Parallel dazu konnte rund 5,50 m weiter nördlich, also im Innern der Burganlage, der Ausriss einer zweiten Mauerflucht auf einer Länge von 12,00 m dokumentiert werden. Im Westen endete er an der Abbruchkante des Steilhanges zum Teufelsbach. Im Osten wurde er von einer rund 0,50 m tiefen, humos verfüllten viereckigen (?) Grube von ca.6,00 m x 8,00 m begrenzt. Mauerwerk fand sich nur an einer Stelle im Bereich einer Quermauer zwischen den beiden oben beschriebenen Mauerresten. Dieses Mauerwerk bestand aus hartem Kalkmörtel und großen Flussschottern. Es wurde in Fundlage belassen.

Im nordöstlichen Bereich der Anlage konnte eine Lehmschicht dokumentiert werden, bei der es sich um einen gestampften Lehmboden handeln dürfte. Durch darüber liegenden, massive Schottermassen konnte die Lehmschicht allerdings nur über einen kurzen Bereich hin verfolgt werden.
Zu den erwähnenswerten Fundstücken zählen Teile eines Radsporns, das Bruchstück einer Schwertspitze sowie Bruchstücke mehrerer Noppenbecher ( Dabei handelt es sich um gläserne Trinkbecher, die im Mittelalter an vornehmen Tafeln verwendet wurden) . Die Funde wurden bereits während mehrerer Veranstaltungen in Waldneukirchen präsentiert und werden nun zur Restauration und wissenschaftlichen Bearbeitung im OÖ. Landesmuseum aufbewahrt. Einige offen gebliebene Fragen sollen durch weitere Untersuchungen im Sommer 2003 geklärt werden. (Eine ausführliche Beschreibung der Anlage ist deshalb für FÖ 42,2003 geplant).

Außergewöhnlich an der Ausgrabung am Teufelsturm waren die aktiven Hilfestellungen durch die Gemeinde und die Bewohner von Waldneukirchen: Rund zweitausend freiwillige Arbeitsstunden wurden geleistet. Vom Quartier, das vom Gemeindeamt zur Verfügung gestellt wurde, über Baustrom, Traktor- oder Baggerstunden reichte die weitere Palette der Hilfeleistungen. Dadurch konnte der Aufwand für das OÖ. Landesmuseum in einem vertretbaren Rahmen gehalten und ein optimales archäologisches Ergebnis erzielt werden. Es bleibt zu hoffen, dass diese fruchtbare Art der Zusammenarbeit Schule machen und in kommenden Jahren auch von anderen Gemeinden genützt wird.

Von Mag. Josef Engelmann, Grabungsleiter

 

Ausstellungskatalog: Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich. Faszination und Wissenschaft. Ur- und Frühgeschichte. Römerzeit. Mittelalter und Neuzeit. Archäologie und... Lust auf Luxus. – Linz 2003 (Kataloge des Oberösterreichischen Landesmuseums Neue Folge Nr. 195)

Beitrag im Ausstellungskatalog „Worauf wir stehen. Archäologie in Oberösterreich“ 2003, Seite 199 – 200

 

Burgenkunde bedankt sich an dieser Stelle sehr herzlichst bei Frau Mag. Katharina Ulbrich für die freundliche Unterstützung. Durch ihre Hilfe wurde die Erstellung dieses Artikels überhaupt erst möglich.



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Lage: Fünf Autominuten außerhalb des Ortes Waldneukirchen, im sogenannten Höllgraben, in dem der Teufelsbach fließt (ein kleiner Zufluß der Steyr), an einer südseitigen Schotterterrasse gelegen, Flurname "Teufelsturm".

Kontakt: Mag. Katharina Ulbrich
Adresse: A-4595 Waldneukirchen, Gemeindeamt
Links: Homepage Gemeinde | Homepage Teufelsturm | Email

Gemeinde: Waldneukirchen
Bezirk: Steyr-Land
Bundesland: Oberösterreich

Öffnungszeiten:
Das Gelände rund um den Teufelsturm ist ganzjährig frei zugänglich.

Anfahrt: Von Linz kommend die B139 über Neuhofen a.d. Krems bis Bad Hall, hier abzweigen nach Waldneukirchen.
Waldneukirchen liegt etwa 10km südwestlich von Sierning bei Steyr.

 



Nach einem Besuch des Burgenkunde-Redakteurs erschien am 07.07.2005 in der "Steyrer Rundschau" folgender Artikel.

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