Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark


Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark


Zeugen alter Kulturen entlang der Römerstraße
Es ist interessant festzustellen, dass die römische Kultur selbst in das relativ isolierte Mürztal, dass fernab von den großen römischen Fernverkehrsstraßen lag, eingedrungen ist. So gab es am Fuße der südseitigen Berghänge des Mürztals, unmittelbar über der versumpften Talsohle von Poedikum (Bruck a.d. Mur), der Mürz aufwärts, offenbar einen einfachen Verkehrsweg, welcher allerdings nicht von den Römern errichtet wurde, sondern bereits in urgeschichtlicher Zeit bestand. Die Überlieferung sah im sogenannten "Waldweg" zwischen Mürzhofen und Alt-Hadersdorf wahrscheinlich zurecht ein Relikt dieser alten Römerstraße. Dafür sprechen jüngste Funde aus der Römerzeit im Nahbereich dieses bescheidenen Weges.

Nur wenige hundert Meter oberhalb dieses Weges, den höchst wahrscheinlich zuvor auch schon Slawen, Bajuwaren, Kelten, sowie die vorkeltische Urbevölkerung des Mürztales nutzten, befindet sich das rätselhafte Megalithbauwerk, nach einem Hinweis von Herrn Franz Marchler im Jahre 1974 von Herrn Dr. Stolla entdeckt. Das zunächst für ein neolithisches (jungsteinzeitliches) Sonnenwendheiligtum gehaltene Bauwerk befindet sich auf einem Waldstück der Familie Zöscher, die allen Nachforschungen gegenüber stets sehr offen gegenüberstanden. Durch intensive Forschungen und Ausgrabungen durch Herrn Dr. Johannes Hofer ergab sich in den letzten Jahren allerdings eine vollkommen neue Entwicklung. Zum einen fand er in der näheren Umgebung des Bauwerks in der Form eines massiven Steinaltars, sowie in dem in seinem Besitz befindlichen Waldstück unterhalb, welches direkt an den sogenannten "Waldweg" angrenzt, zahlreiche Tonscherben, die sich zumindest in die römische Zeit datieren lassen. Zum anderen stellte er fest, dass sich auf dem Siedlungsgebiet dess heutigen Mürzhofen uralte Kulturschichten befinden, wovon Tonscherbenreste Zeugnis geben, welche bis in die frühe Bronzezeit zurückweisen.

Die größte Überraschung entdeckte Dr. Hofer jedoch rund einen Kilometer oberhalb des bekannten Steinaltars, im Nahbereich des Bergbauerngehöfts der Familie Dissauer (vlg. Ebner). Ein Menhir beachtlichen Ausmaßes sowie eine beeindruckende Steinformation, welche im gesamten Komplex wohl die primäre urgeschichtliche Kultanlage gewesen sein dürfte. Offensichtlich wurde der Menhir von Menschenhand aufgestellt, in der näheren Umgebung finden sich zudem meist tonnenschwere Findlinge, die von natürlichem Verfall oder bewußter Zerstörung kunden. Die bislang rätselhaften Steingebilde, welche im Frühjahr 2004 allesamt vom Bundesdenkmalamt unter Herrn Univ. Doz. Dr. B. Hebert und Frau Dr. S. Lehner registriert wurden, gewinnen auch deshalb eine besondere Bedeutung, da sich im logischen Siedlungsgebiet, nämlich dem Schwemmkogel von Mürzhofen, eine ganze Reihe von archäologischen Spuren finden, welche auf eine Siedlungskontinuität von mehreren Jahrtausenden hinweisen.

Im Zuge eines Kelleraushubes im Jahre 1977 fand man in einer Tiefe von ein bis zwei Meter eine größere Menge alter Tonscherben, sowie eine dunkle Kulturschicht, welche auf eine alte Acker- bzw Gartenfläche hinwies. Die Begutachtung durch das Bundesdenkmalamt ergab, dass die Funde zum überwiegenden Teil aus dem 14. und 16. Jhdt. stammten. Eine im Jahre 2003 neuerlich veranlasste Untersuchung ergab schließlich, dass einige wenige Tonfragmente aus der frühren Bronzezeit (um 1700 v.Chr.) stammten, zwei Stück Tonscherben aus der späten Bronzezeit (Urnenfelderzeit ca 700 v.Chr.) und der allergrößte Teil des Fundes aus der provinzialrömischen Zeit (2. bis 4. Jhd. n.Chr.) stammte. Somit konnte bewiesen werden, dass in Mürzhofen seit rund vier Jahrtausenden ein dauerndes Kultur- und Siedlungskontinuum besteht. Sieht man von den Funden in den Ofenberghöhlen bei St. Lorenzen und jenen in der Rettenwandhöhle im Thörlgraben bei Kapfenberg ab, die sich auf keine dörflichen Siedlungsplätze beziehen, so weisen die Funde in Mürzhofen auf die ältesten Siedlungsplätze des Mürztals hin, ja sie dürften sogar zu den ältesten urgeschichtlichen Siedlungsplätzen in der gesamten Obersteiermark zählen.

Bei all diesen Funden in Hadersdorf, Mürzhofen und St. Lorenzen, einschließlich jenen in den Ofenberghöhlen, ist nach Dr. Hofers Ansicht ein Zusammenhang mit dem noch immer rätselhaften Megalithbauwerk oberhalb der "Römerstraße" möglich, ja wahrscheinlich, wenn auch schwer nachzuweisen.


Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Blick auf Mürzhofen.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Dr. Johannes Hofer und Burgenkunde-Redakteur Markus Hauser.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Der Steinaltar von Alt-Hadersdorf, Blickrichtung Süden.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Der Steinaltar von Alt-Hadersdorf, Blickrichtung Westen.

 

 

 

Von den meisten, in den letzten Jahren gewonnenen, erstaunlichen archäologischen Funden und Erkenntnissen, war dem Entdecker, Herrn Dr. Stolla, nichts bekannt. Allerdings ist es bemerkenswert, dass zumindest einige der bedeutendsten Funde, wie sie schon vor Jahrzehnten nach Graz an die offiziellen Stellen gemeldet wurden, dort nicht registriert wurden. Auch Dr. Stolla meldete seine Entdeckungen stets den zuständigen offiziellen Stellen (Bundesdenkmalamt, Landesmuseum Joanneum, Herrn Univ. Prof. Modrian vom Institut für Urgeschichtsforschung der Universität Graz), fand dafür aber kein nennswertes Echo! Selbst von Vertretern der Fachwelt wurde die aus sieben massiven Steinblöcken bestehende Formation als natürliches Gebilde angesehen. Erst durch die Freilegung durch Herrn Dr. Johannes Hofer wurde der symmetrische Stufenbau ganz deutlich als "von Menschenhand gestaltet" erkennbar.

Unklar blieb aber weiter, von wem und zu welchem Zweck der Bau errichtet wurde. Da half es auch nicht, das die Fachwelt diese Formation nun als "mittelalterlichen Steinbruch" bezeichnete. Herr Dr. Stolla ließ sich durch das ablehnende Urteil der Fachwelt nicht beirren und setzte seinerseits umfangreiche Spekulationen und Nachforschungen an, welche er in "Der Presse" am 04. November 1974 veröffentlichte. Hier äußerte er auch jene Theorie, dass das Megalithbauwerk mit anderen heidnischen Kultstätten des mittleren Mürztales in geomantischen Linien eingebunden gewesen sei, wonach das Interesse der Fachwelt an der mutmaßlichen Kultstätte gänzlich erlosch, da die geomantische Methodik praktisch gänzlich von der gesamten Fachwelt abgelehnt wird.

Herr Dr. Johannes Hofer allerdings geht mit seinen Forschungen einen gänzlich anderen Weg. Er stützt sich primär auf archäologische Funde sowie auf das Aufspüren des Siedlungsgebietes jener Menschen, die das Megalithbauwerk errichtet haben. Als sein bedeutendster Fund hat dabei ein beinahe vollständig erhaltenes Gefäß aus der (heidnischen) Römerzeit zu gelten, welches er ca. 150 Meter unterhalb des Steinbauwerks fand. Damit konnte zum ersten Mal der Beweis erbracht werden, dass sich das offiziell immer noch als "mittelalterlicher Steinbruch" bezeichnete Bauwerk im Lebenskontaxt heidnischer Lebensbräuche befand.

Dr. Johannes Hofer vermutet, dass das Bauwerk eine heidnische Kultstätte war, und begründet dies durch eine von ihm gewonnenene prähistorische und historische Erfahrung. Diese besagt, das alles Religiöse und Kultische in der Geschichte eine ungewöhnlich lange Dauer aufweist, während militärische Bauwerke, Institutionen und Organisationen eher kurzlebig sind.

Frau Univ. Ass. Dr. Koiner, eine Expertin für mittelalterliche Steinbrüche von der Universität Graz, sprach sich 2004 explizit gegen die Ansicht aus, es könnte sich bei der Anlage um einen alten Steinbruch handeln, wofür im Übrigen nie ein Beweis erbracht wurde.

Wie bereits erwähnt entdeckte Dr. Johannes Hofer rund einen Kilometer oberhalb des Steinaltars einen aufrecht stehenden Menhir, in dessen unmittelbaren Nahbereich sich mehrere langgezogene, tonnenschwere Findlinge, vermutlich umgestürzte Menhire, befinden. Rund hundert Meter nördlich von den Menhiren finden sich beeindruckende Steinformationen, die an den Teufelsstein oder die Riesenfindlinge im Waldviertel erinnern. All diese Steinformationen waren Herrn Dr. Stolla noch unbekannt. Die von Herrn Dr. Johannes Hofer gemachten Funde, Tonscherben vom Ende der Jungsteinzeit sowie ein "As des Hadrian" (117-138 n.Chr.) weisen auf die ungewöhnlich lange Kulturkontinuiät, welche ihre Entsprechung in den Funden auf dem Schwemmkogel um Mürzhofen findet, hin.

Oberflächenfunde fünfzig Meter unterhalb des Steinaltars aus dem 15., 16. und 17. Jhdt. zeugen davon, dass sich an diesen markanten Orten auch in relativ später zeit, zu welchem Zweck auch immer, noch Menschen fanden.

 

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Der Steinaltar von Alt-Hadersdorf, Blickrichtung Westen.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Der Steinaltar von Alt-Hadersdorf, Blickrichtung Osten.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Unterhalb des Steinaltars befindet sich diese Schautafel.

 

Die Megalithbauwerke von Alt-Hadersdorf / Steiermark
Und noch etwas weiter unterhalb wurde dieses Bild aufgenommen.



Für die Bedeutung dieses Steinbauwerks kommen nach Ansicht von Herrn Dr. Johannes Hofer Erkenntnisse in Betracht, wie er sie in seinem bereits 1978 veröffentlichten Buch "Kultur und Kreativität - Aufstieg und Fall der Hochkulturen" (erschienen im R.G. Fischer Verlag, 60386 Frankfurt/Main, ISBN: 3-88323-724-8) dargelegt hat.
"Das Weltbild de Ur- und Frühzeitmenschen war gänzlich anders geartet als das unsrige, welches vor allem auf Pragmatismus und praktischen Nutzen hin ausgerichtet ist. Für den Frühzeitmenschen wie für den Primitiven der Gegenwart hat die Natur noch nichts von einer idyllischen Romantik. Sie ist ihm vielmehr eine unfasslich numinose Macht, normengebend, bedrohlich und grausam zugleich. Und zunächst ging es dem Menschen nicht so sehr darum, in rationaler Überlegung für sein unmittelbares Wohlergehen zu sorgen, ungleich wichtiger war es, jene naturbelebenden Geister, Götter und Dämonen zu besänftigen. So ging der Mensch daran, seinen Göttern prächtige Wohnsitze und Denkmäler zu bauen, obwohl er selbst noch in armseligen Hütten und Höhlen hauste. Und wenn die ersten Hochkulturen durch die Großartigkeit ihrer Bauten bestechen, so waren die ersten dieser Bauten - Tempel, Pyramiden, Zikkurate, Paläste für Gottkönige etc. - sakralen Zwecken gewidmet, und erst in weiterer Folge hat man die Kenntnisse, welche man aus dem sakralen Bau, dh. aus einer ”transzendeten Motivation” gewann, auch in größerem Umfang für die profane Architektur verwendet." (Hofer, 1988)

"Von den zivilisatorischen Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen allein erhalten wir kein adäquates Bild der neolithischen Vergangenheit. Die frühen Ängste, Träume, Mythen und Kulte des Steinzeitmenschen, also das, was ihn wirklich zutiefst bewegte, ist uns unwiderruflich verloren. Wir können nur aus wenigen, großartig perfektionierten Denkmälern die Macht und Bedeutung einer ”transzendeten Motivation” erahnen... Diese heiligen Ordnungen und Beziehungen zum Kosmos drückte man in Westeuropa ebenso wie in Mexiko oder Ägypten in Stein aus. Denn der Mensch aus Fleisch und Blut ist vergänglich. Daher erschien alles Dauernde und Ewige als heilig. Der Stein als Repräsentant dieser Ewigkeit wurde so zum Mittler zwischen den Menschen und seinen Göttern." (Hofer, 1988)

Tatsächlich ist es uns unmöglich, die Welt des prähistorischen Menschen rational zu erfassen oder emotional nachzuempfinden. Und wenn man davon ausgeht, dass etwa der Mensch in der mittelalterlichen Religiösität in manchen Gebieten auf jedem Hügel, an jeder Wegkreuzung, an jeder markanten Aussichtsstelle eine Kapelle, ein Marterl, ein Kreuz oder ein anderes Heiligtum errichtete, drängt sich die Frage auf, warum das in früheren, nicht weniger irrationalen Zeitaltern nicht ebenso gewesen sein sollte. Mit anderen Worten: Zieht man die archaische menschliche Natur und ihre Affinität für Kultisches, Magisches, Religiöses und Irrationales in Betracht, muß man zur Einsicht gelangen, dass es eben in der Urgeschichte ungleich mehr Kultplätze gegeben haben muß, als uns auch nur ansatzweise bekannt ist.

 

Alt-Hadersdorf, im Februar 2005 Dr. phil. Johannes Hofer

Dr. phil. Johannes Hofer
Lambachstraße 12
8652 Kindberg-Hadersdorf
Tel.: +43 (0) 3865 / 2510



Fotos: Markus Hauser, Burgenkunde.at

 

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Offizielle Homepage von Mürzhofen.



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