Ruine Haichenbach (Kerschbaumer Schlössl)
An einem der schönsten Wanderwege der Donauregion liegt an strategisch einmaliger Position die Ruine Haichenbach, auch Kerschbaumer Schlössl genannt. Vom Turm der sanierten Ruine bietet sich dem Besuch ein beeindruckender Rundumblick ins Donautal. Die Schlögener Schlinge mit dem regen Schiffsverkehr liegt den Besuchern zu Füßen, wie einst den hier gefürchteten Raubrittern. Die Ruine Haichenbach kann als sehr familientauglich bezeichnet werden, vor allem lässt sie sich auch mit einem Kinderwagen leicht erreichen. Parken kann man bis 700m vor der Ruine und dann auf einem gut ausgebauten Forstweg am Höhenrücken direkt bis vor die ehemalige Burganalage spazieren (Gehzeit rd. 20 Minuten). Schon hier zeigt sich, warum das Kerschbaumer Schlössl als eine der aussichtsreichen Ruinen im Donauraum bekannt ist.
Besucher wandern vorbei an tw. hohen Felsen bis direkt vor die Burg. Fast unerwartet steht sie plötzlich vor einem. Der Turm ragt majestätisch in den Himmel und das direkt unterhalb liegende Torgebäude wirkt immer noch abschreckend und wehrhaft. Doch die kriegerischen, dunklen Zeiten sind schon lange vorbei und so empfängt einen die Vorburg als offener, weitläufiger Bereich, der leider nahezu keine Mauerreste einer inneren Bebauung mehr aufweist. Selbst die noch immer nahezu geschlossene Ringmauer um das Burgareal ist stellenweise noch meterhoch, zum größten Teil jedoch nur mehr spärlich wahrnehmbar. In der Vorburg fällt besonders die kreisrunde Vertiefung auf, die als Brunnen oder Zisterne gedeutet wird. Wie beschwerlich das Leben auf der Burg vor dem Brunnenbau 1450 wohl gewesen sein mag, ist nur schwer vorstellbar.
Am südlichsten Ende der einstigen Vorburg mit rd 20 x 80 m Größe, liegt an einem idyllischen Platz ein 7-gängiges Steinlabyrinth. Vor allem Kindern macht es großen Spaß, das Labyrinth zu begehen. Von hier aus führt ein Wanderweg/Steig zur Donau hinab. Er mündet an der Radfähre bei der Frühstückspension samt Mostheurigen der Fam. Pumberger. Gut möglich, dass dieser Steig bereits seit Jahrhunderten genutzt wird. Wer ihn begeht, könnte durchaus einer Smaragdeidechse oder einem Uhu begegnen. Sie besiedeln die Donauleitn mit ihren Wäldern aus lichten Kiefer- und Eichenbeständen.
Zur Baugeschichte der kleinen Burg
Die Burg Haichenbach lag an einer strategisch immens günstigen Position unterhalb der Burg Marsbach und direkt oberhalb der Schlögener Schlinge. Von hier konnten immer schon Schiffe beobachtet werden, die den Donaustrom befuhren. So weckte die Burg rasch Begehrlichkeiten. Es dürfte sich zu dieser Zeit aber noch um eine räumlich sehr begrenzte Burg gehandelt haben, die sich vmtl. auf das Areal der heutigen Kernburg samt dem markanten Turm erstreckte. Möglicherweise stand zu erst auch nur der Turm. Darauf deutet die Baunaht zu dem an den Turm anschließenden Mauerwerk. Diese Kernburg hat kurioserweise die Form eines Schiffbugs und wurde direkt auf hohen aber schmalen, seitlich abgeschrofften Felsen erbaut. Durch die Lage auf einem Felsen überhöht der Turm das umliegende Areal bei weitem und verleiht der Anlage ihren wehrhaften Charakter, auch wenn neben dem Turm nur mehr das nun bedeckte Tor und die Ringmauer vorhanden sind. Da der Turm direkt ober dem Halsgraben steht, schützte er gleichzeitig den hinter ihm liegenden Burgbereich und ersetzte auch eine hier ansonsten notwendig gewesene Schildmauer.
Die ursprüngliche, romanische Anlage, dürfte im Familienstreit der Haichenbacher mit den Marsbachern demoliert worden sein. Das konnte wohl auch nicht der tiefe Halsgraben am Fuße des Turmes abwenden. Und auch das Haupttor mit ehemaliger Doppelwippzugbrücke konnte die Angreife nicht davon abhalten, die Burg zu zerstören. Gesichert ist jedoch, dass es 1274 zu einer weitgehenden Erneuerung der damals noch kleinen Burg, einhergehend mit einem Ausbau der Anlage kam. Der Turm wurde aufgestockt. Von zuerst einem auf nun drei Stockwerke. In diese Zeit fällt auch die Erbauung des aufallenden Erker auf vier wunderschönen Doppelkonsolen an der dem Besucher zugewandten Nordseite des Turmes. Bauabrechnungen belegen eine Entstehung zwischen 1429 und 1450. Der heutige Zugang zum Turm erfolgt durch einen ebenerdigen Ausbruch über die Kernburg. Der ursprüngliche Höheneinstieg in den Turm liegt an der Ostseite und ist während des Aufstieges im Inneren deutlich zu sehen. Die unteren Bereiche des Turmes besitzen lediglich Lichtschlitze und ein liegendes Rechteckfenster. Auffallend am Turm ist seine geringe Mauerstärke von rd. 90 cm. Besonders an der dem Angreifer zugewandten Nordseite hätte die Mauerstärke doch gravierend mächtiger sein müssen. Auch die Lage des Tores, an der linken Seite des Turms, lässt im burgenkundlichen Betrachter Fragen aufkommen. Denn hatte ein Angreifer das Torhaus einmal passiert, konnte er seine durch das Schild geschützte linke Seite dem Abwehrfeuer der Turmbesatzung zuwenden, während er mit dem Schwert in der rechten Hand zur Bekämpfung der Wachmannschaft im Vorburgbereich ansetzen konnte.
Die Vorburg ist nahezu frei von Resten einer festen Bebauung. Lediglich die kreisrunde Vertiefung die vmtl. von der ehemaligen Zisterne stammt und ein Schalenturm an der Ostseite der Ringmauer sind für Burgeninteressierte erwähnenswert. Vom südlichsten Teil der Vorburg, die durch einen verflachten Graben vom abfallenden Felsgrat getrennt wurde, kann ein Rundgang um die Burg entlang der Ringmauer erfolgen. Das gesamte Burgareal bedeckt eine Gesamtfläche von 1450 m², wenngleich auf die Kernburg davon lediglich 270 m² entfallen.
Die Besitzer der Ruine Haichenbach
Die erste Erwähnungen des Namen Haichenbach liegt mit der urkundlichen Nennung der Brüder Otto I. und Wernher von Eichenbach vor. Es waren Verwandte der Burgvögte von Falkenstein an der Ranna und Ministeriale der Passauer Bischöfe. In der ersten Hälfte des 13. Jhdts. bekleideten deren Nachkommen das erbliche Ehrenamt des Hofmarschalls des Passauer Bistums. Zu dieser Zeit hoch angesehene Ämter! Der Sohn von Otto I. von Eichenbach nannte sich bereits nach der Burg, Otto von Haichenbach. 1253 traten in Verbindung mit dem Kloster Schlägl die Witwe Mathilde von Kunrad von Haichenbach und ihr Sohn Wernher auf. Als der Witigone Wok von Rosenberg es auf die Burg an der Donau abgesehen hatte, verkaufte ihm Rudlin von Haichenbachsein bischöfliches Lehen der Herrschaft Haichenbach. Sicherlich wusste der Bischof genau, dass die mächtigen Witigonen mit dieser strategisch wichtigen Burg an der Donau den Waren- und Handelsverkehr an der Donau nicht nur einsehen, sondern vermutlich auch kontrollieren und behindern konnten und würden. Also beeinspruchte er den Handel zwischen dem Witigonen und dem Haichenbacher und hatte Erfolg. Der Verkauf musste durch einen Schiedsspruch vom 16. April 1259 rückgängig gemacht werden und die Gefahr schien fürs erste gebannt.
Doch die Haichenbacher selbst waren auch ein streitlustiger Haufen. Sie waren 1268 in einen Familienstreit mit den Marsbachern verwickelt, wobei sie allerdings den Kürzeren zogen und die damals sicherlich räumlich begrenzte, romanische Burg aus dem 12. Jhdt. weitgehend zerstört wurde. Die Passauer Bischöfe sahen zunehmends, dass es besser wäre, selbst die Herrschaft über die Burg auszuüben. Also kauften sie zwischen 1303 bis 1337 den Besitz der Haichenbacher stückchenweise auf. Kurz vor seinem Tode verkaufte Rudl von Haichenbach den letzten Rest seines Familienbesitzes um 200 Pfd. dem Bischof Albrecht von Bayern, sodaß 1337 die Herrschaft zur Gänze in der Hand der Passauer Bischöfe lag.
Der Passauer Bischof ließ die vernachlässigte Burg wieder instandsetzen und verpfändete die Herrschaft bereits 1374 an die Grafen von Schaunburg. Diese verspielten aber in der Schaunburger Fehde die Gunst der Habsburger und so mussten die Schaunburger alle Satzbriefe die sie vom Passauer Bischof über ihre Burgen und Festen an der Donau erhalten haben,dem Habsburger ausliefern. Der Habsburger Herzog Albrecht III. ließ sich die Rückgabe der passauischen Donauburgen an den Bischof von Passau mit stattlichen 8.000 Pfund Pfenningen ablösen. Der Passauer Bischof Leonhard setzte in Folge Heinrich Nothaft als Pfleger ein und ließ ihm nach 1429 dem Turm ein drittes Geschoß aufsetzen. Er war es auch, der einen Brunnen ausschachten ließ, wobei es sich auch um eine Zisterne gehandelt haben kann. Die muldenartige, kreisrunde Vertiefung in der Vorburg könnte den Hinweis auf die Lage geben.
Nach einigen friedlichen Jahren begann sich aber der geschichtliche Horizont um die Burg Haichenbach zu verdunkeln. Der Sohn von Heinricht Nothaft versuchte, durch die umfassenden Bautätigkeiten seines Vaters ein Erbrecht auf die Burg durchzusetzen, was ihm zwar nicht gelang, doch blieb er bis zu seinem Tode 1486 auf der Burg. Als im Jahre 1491 Simon Oberhaimer die Herrschaft als Leibgedinge auf Lebenszeit erhielt, begannen die Zeiten rauher zu werden für die Handelstreibenden auf der Donau. Es ist von einer langen Kette zu lesen, die angeblich über die Donau gespannt wurde, um die Kaufleute mit ihren Schiffen zu stoppen und auszuplündern.
Nach zahlreichen Beschwerden von Schiffsleuten wegen willkürlich eingehobenen Mautgebühren wird dem Simon Oberhaimer die Burg Haichenbach 1516 wieder abgelöst. Zu groß war wohl die Versuchung, durch Überfälle schnelle Beute zu machen. 1529 wird die Verwaltung nach Marsbach verlegt und die Burg dem Verfall und der Natur überlassen.
Nachdem, ja man kann sagen, jahrhundertelang nur die in den umliegenden Wäldern leben Wildtiere die Ruine als Wohnraum nutzten, wurden 1984-1988 durch einen örtlichen Burgverein erste Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Der Torturm erhielt sein heutiges Dach, das Mauerwerk tw. rekonstruiert. Die primäre Schlüsselscharte im Torturm verweist auf das 15. Jhdt., auch wenn die Erbauung des Torturmes manchmal in die Zeit um 1300 gesetzt wird. Eine umfassende, und dringend notwendige, Sanierung ab dem Jahre 2000 durch den heutigen Besitzer Georg Stradiot konnte 2002 abgeschlossen werden. Dafür allen Beteiligten ein großes Dankeschön! Seit her ist die Ruine wieder gefahrlos begehbar und Ziel vieler Familien und Wanderer, die die tolle Aussicht in das Naturspektakel Schlögener Schlinge von hier oben genießen.
Die Sagen zur Ruine Haichenbach
Allerlei Sagen ranken sich um diesen lange Zeit vergessenen Ort hoch ober der Schlögener Schlinge. Das Wissen um die Burg war verloren, und so nannten die Leute die Ruine nach einem nahe der Burg liegenden Bauernhof Kerschbaumer Schlössl. Freilich, die Sage kann auch zu diesem kuriosen Namen etwas berichten. Kerschbaum ist (in Oberösterreich) umgangssprachlich für Kirschbaum. Und von so einem Kirschbaum, erzählt die Sage:
Die Sagen berichten von einem Burgherr, der mit einer Schar finsterer Gesellen den Kaufleuten mit ihren wertvollen Ladungen auflauerte und sie überfiel. Zur „Gewinnmaximierung“ wurde auch von Entführungen nicht zurückgeschreckt. So soll der räuberische Burgherr einst mit seinen Knechten einen Kaufmann gefangen genommen und auf seiner Burg festgesetzt haben. Er wollte ihn erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder freilassen. Der Gefangene jedoch schwor Rache für diese gemeine Tat und steckte seine ganzen Rachegefühle in einen Kirschkern, den er durch die Gitterstäbe des Fensters nach draußen spuckte. Viele Jahre später, der Gefangene von damals war längst verstorben, war aus dem einstigen Kirschkern ein stattlicher Kirschbaum gewachsen, direkt an der Ringmauer. Über diesen Baum kletterten Angreifer, die die Burg erstürmen wollten. Sie töteten den Raubritter samt seinen finsteren Gesellen und zerstörten die Burg, auf das nie mehr jemand von hier aus die Kaufleute mit ihren Schiffen überfallen möge. Somit ging der Rachegedanke des Gefangenen doch noch in Erfüllung und der Rauritter erhielt seine gerechte Strafe.
Professor Fritz Winkler, ein österreichischer Pädagoge und Heimatforscher († 1931), hielt eine weitere Sage, die der „Baumlangen von Haichenbach“ für die Nachwelt fest (Sage.at). So ranken sich bis heute Sagen und Legenden um diese kleine, doch für die regionale Geschichte nicht minder wichtige Burg Haichenbach.
Kontakt Gemeindeamt Hofkirchen:
Dorf
4142 Hofkirchen im Mühlkreis
Telefon Gemeinde: +43 (0) 7285 7011
Home: www.hofkirchen.at
Email: gemeindeamt@hofkirchen.at
Quellen:
1) Oskar Hille; Burgen und Schlösser von Oberösterreich; Verlag Ennsthaler; 1992; S.77
2) Burgen und Schlösser in Oberösterreich; Herbert Erich Baumert & Georg Grüll; Birken-Verlag; 1983; S. 67
3) Burgen und Schlösser in Oberösterreich; Norbert Grabherr; OÖ Landesverlag; 1970; S. 343
Online Quellen:
1) Eintrag in der EBIDAT
2) Gemeinde-Homepage mit Fotos der Renovierungsarbeiten
3) Wikipedia-Eintrag
4) Burgen-Austria
5) Taterman