St. Thomas am Blasenstein

HL .- KREUZ - ODER JAKOBSKAPELLE Teil 3

Schon 1340 wird in Friedhofsnähe die HI.- Kreuz- oder Jakobskapelle erwähnt. Über dem etwa fünf Meter hohen Tonnengewölbe des heutigen Karners lassen sich die Fundamente eines Kirchleins (ca. 14 x 9 m) noch gut feststellen. Ein gotisches Sockelgesims läuft um die Nordseite und den ehemaligen Chor. An den Ecken sind gotische Profilsteine eingesetzt. Den Eingang der Kapelle erreichte man wahrscheinlich von Süden über eine hohe Stiege. Die erhaltenen Baureste stammen vermutlich aus dem 15. Jahrhundert von einem Neubau nach der Zerstörung des ersten Kirchleins durch die Hussiten.
Von der 1786 abgetragenen Jakobskapelle ist nur mehr der Karner erhalten. Über diesem erhebt sich heute die 1909 errichtete "Totenkammer", die nach der Friedhofserweiterung (1989 - 1993) und dem Neubau der Aufbahrungshalle hinter der alten Schule 1993 aufgelassen wurde.

 

DIE THOMASWALLFAHRT

Nach einer Legende sollen einmal drei fromme Baumgartenberger Mönche, die so genannten drei Heiligen an der Naarn - Georg, Thomas und Justinus - hierher gezogen sein, um ihre Klausen zu errichten. Dass der hl. Thomas gerade hier Kirchenpatron wurde, wäre auf seine Verehrung als Schutzpatron der Holzhauer zurückzuführen. Vielleicht hatten sich in der Umgebung - bedingt durch vorchristliche Kultstätten - außerdem alte heidnische Bräuche besonders hartnäckig erhalten, und es ist daher der "ungläubige" Thomas als zuständig erachtet worden, der ja nach seiner "Bekehrung" besonderen Glaubenseifer zeigte.
Spätestens aber nach dem Abkommen der beiden Burgen in Blasenstein, als der Heilige Anfang des 14. Jahrhunderts für den Ort namensgebend wurde, dürften die Wallfahrten begonnen haben, die dann gegen Ende dieses Jahrhunderts in den Bau der großen Kirche mündeten. Der größte Teil der mächtigen südlichen Kirchensubstruktion wurde wahrscheinlich als klösterlicher Trakt genützt - wohl zur Unterbringung von Geistlichen aus dem Kloster Waldhausen bei starkem Wallfahrtsandrang. In allen sieben Kammern finden sich zuseiten der Fenster steinerne Sitzbänke. Auch der so genannte Kreuzgang, der in eine ehemalige Kapelle mündet - wohl Privatkapelle der Geistlichen - verweist auf eine "klösterliche" Anlage. Leider liegen über diesen Zeitabschnitt weder Berichte vor, noch sind Erinnerungsstücke, wie z. B. Votivgaben, erhalten. Vieles dürfte bei den Pfarrhofbränden 1866 und 1884 vernichtet worden sein. Auch nach der Aufhebung des Klosters Waldhausen gingen sicher wertvolle Dokumente verloren. Im Jahre 1500 soll in der Wallfahrtskirche das Recht bestanden haben, Ablässe zu gewähren. Ab dieser Zeit etwa sind Wallfahrten aus Münzbach, Zell bei Zellhof, St. Leonhard, Mönchdorf, Pierbach, Schönau, Weitersfelden, Unterweißenbach und Gutau bezeugt.
Bis 1914 schickte auch die Gemeinde Türnitz in Niederösterreich über den Sonntagberg alle drei Jahre eine Abordnung von zwei oder drei Mann, die bei der Kirchenstiege feierlich empfangen und in Prozession unter Glockenläuten in die Kirche geführt wurde, wo sie beim Hochaltar neun Pfund Naturbienenwachs (nach einer anderen Quelle eine neun Pfund schwere Wachsfigur) zur Abwehr des Mehltaus opferte. Der Mehltau muss eine so starke Einbuße im Getreidebau bewirkt haben, dass auch noch nach dem Ersten Weltkrieg das Wachsopfer zum "Thomasberg" gebracht wurde - zum letzten Mal im Jahre 1936.

Heute erinnert in der Pfarrkirche neben dem Hochaltarbild und einem Gewölbeschlussstein noch ein Schnitzwerk aus dem Jahre 1904 an den Kirchenpatron. Der hl. Thomas hält in der Rechten die Lanze, in der Linken neben dem üblichen Winkelmaß vier Ähren. Er wurde nach der Legende als Baumeister zu König Gondoforus nach Indien geschickt, um ihm einen Palast zu bauen. Aber Thomas schenkte die Baugelder den Armen und versprach dem König dafür den allerschönsten Palast den Himmel. Die Ähren beweisen, dass er hier als Schutzpatron für eine gute Ernte verehrt wurde. Der einstige Schutzpatron der Heidenmissionen war über den Schutzheiligen der Steinmetzen und Bauleute zum Patron der Landleute geworden. "Bauen" war auf "anbauen" erweitert worden.

Die Kirchen von St. Thomas am Blasenstein, St. Leonhard am Walde und St. Veit in Toberstetten (Filialkirche von Neuhofen an der Ybbs) werden als Dreibrüderkirchen bezeichnet.

Legende:
Drei reiche, aber fromme Brüder hätten in St. Leonhard gelobt, jedem ihrer Namenspatrone eine Kirche zu bauen, von der aus man jeweils die beiden anderen sehen konnte. Dieser Sage könnte neben der erwähnten Sichtverbindung zugrunde liegen, dass Wallfahrtsbeziehungen bestanden. Die Niederösterreicher etwa hätten in St. Thomas das Gedeihen ihrer Feldfrüchte erbetet, die Thominger in St. Veit und St. Leonhard das ihrer Klein-, Haus- und Hoftiere.

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