Kintzheim – der alte Königssitz
Am östlichen Fuß der Vogesen liegt das bereits im 8. Jhdt. (!) genannte Kintzheim (als Quningishaim, später Chuniggesheim). Im malerischen Örtchen dürfte schon damals die Wohnstätte des Königs gewesen sein, worauf der Ortsname verweist. Die Burg Kintzheim wird urkundlich erst 1270 als castrum Kunegesheim erwähnt, wobei die frühgotischen Maßwerkfenster auf eine Entstehung um 1250 hindeuten. Die Burg dürfte aber noch viel älter sein. Darauf deuten architektonische Details in der Burganlage aus der Zeit der Romanik. Thomas Biller weist in seinem Buch auf die Entstehungszeit des Bergfrieds in der 2. Hälfte des 13. Jhdts. hin. (1)
Die Burg Kintzheim
Die gut erhaltene Anlage steht auf dem etwas verschobenen Grundriss eines 35 x 20 m großen Rechteck. Ein tiefer Halsgraben trennt die Burg vom flachen Vorgelände. Direkt am Halsgraben, an der westlichen Angriffsseite, steht die über 15 m hohe Schildmauer. An diese schließt sich der runde, 27 m hohe Bergfried an, der baulich mit der Schildmauer verbunden wurde und dadurch in den Obergeschossen den Grundriß eines Schlüssellochs erhielt. Hier zeigt ein Vergleich mit Neudahn eindeutig Parallelen. Der Bering der Oberburg zeigt Tournelle auf drei der Ecken. Die Wohnflügel befinden sich an der Süd- und Ostseite. Die spätgotische Jakobskapelle steht an der Nordwand und beherbergt schöne gotische Fensterfriese.
Der Palas mit seinem tonnengewölbten Keller beherbergt eine Ausstellung über die Geschichte der Burg. Im Inneren der Burg ist noch das sog. Küchenhaus zu sehen. Im späten 15. Jhdt. erhielt die Schildmauer eine 4 m starke Verlängerung an der Südseite. Hier wurden Kasematten (Mannschaftsunterkünfte) untergebracht. Ebenfalls aus der Zeit dieses Umbaues stammt der quadratische Eckturm, zur Deckung des Haupteingangs. Von den Einbauten der Vorburg blieb leider nicht viel übrig, hier ist seit 1968 die Greifvogelwarte untergebracht.
Die „burch zu kunegesheim“
Bereits lange vor der ersten urkundlichen Nennung der Burg ist ein Adelsgeschlecht von Künigesheim 1192-1227 erwähnt. 1267 ist die Burg in den Händen der Rathsamhausen von Ehenweyer. 1270 wird sie erstmals als „burch zu kunegesheim“ erwähnt. Die Kestenholzer verwüsteten 1297 die Burg im Krieg zwischen Albrecht von Österreich und Adolf von Nassau. In einer Abschrift auds dem Jahre 1299 bezeichnet Walter von Stetten, Vogt zu Kinzheim, den Egenolf von Rathsamhausen als seinen „rechtmäßigen Herrn“. Die Burg bleibt weiter im Besitz der Rathsamhausen.
1341 ist in einer Urkunde von dem „nuwe hus zu kintzheim“ die Rede. Entweder wurde die Burg ausgebessert oder es wurden Teile neu erbaut. Ein Zweig der Rathsamhausen nennt sich ab 1379 nach der Burg Kintzheim. Im Jahre 1480 erlischt das Geschlecht der Rathsamhausen und die Burg kommt an Kaspar von Mörsberg. Er veräußert sie an Hans von Hattstatt im Jahre 1492, der sie wiederum an die Stadt Schlettstatt (Selestat) verkauft. Diese stationiert bis ins Jahr 1603 Burgvögte und Söldner in der Burg. Die Schlossurkunde von 1498 wird seither im Schlettstädter Stadtarchiv aufbewahrt.
Die Burg brennt!
Die Schweden fackelten die Burg am 3. Dezember 1632 ab. Die ausgebrannten Ruinen gingen am 3. November 1649 im Kaufwege von der Stadt an ihren früheren Bürgermeister Hans Wilhelm von Goll. Er war ein hochangesehener Mann, 1632-1637 österreichischer Proviantmeister, wurde 1647 geadelt und bereits 1648 Bevollmächtigter zum Westfälischen Frieden.
Trotz der teilweisen Wiederherstellung durch ihn, verfiel die Anlage ab 1735 erneut nach dem Aussterben der Familie von Goll. Im Jahre 1740 wird von einem Einsiedler berichtet, der auf der Burg haust. 1802 kam der französische Kriegskommissar Gaetan Mathieu de Faviers in den Besitz der Burg. Er stammte aus einer lothringischen Adelsfamilie, aber bereits sein Nachfolger, Baron Faviers, verkaufte sie 1875 an einen Herrn Goerner. Von ihm ging sie an Herrn Clog von Straßburg. Nachdem es in den 1960er Jahren zu mutwilligen Zerstörungen kommt, übernimmt 1968 die „Volerie des Aigles“ die Ruine, restauriert den Palas und macht die Burgruine durch die Eröffnung der Greifvogelwarte zu einem beliebten Ausflugsziel für Touristen.
Die Greifvogelwarte
In der ehemaligen Vorburg der Burg Kintzheim ist seit 1968 die Greifvogelwarte untergebracht. Die Flugschau mit 250 der größten und schönsten Greifvögeln der Welt vor der mittelalterlichen Kulisse der Burg bietet ein einzigartiges Schauspiel. Während der Flugvorführung fliegen die Vögel tw. nur wenige Zentimeter am Publikum vorbei. Da staunen Klein und Groß! Das Programm bietet ua. Überflüge der Bussarde und Geier, Begegnungen mit dem Andenkondor oder packende Kunstflüge der Schwarzmilane. Viele der hier gezeigten Vogelarten sind bereits vom Aussterben bedroht.
Die Burgruine ist nur zu den Öffnungszeiten der Greifvogelwarte geöffnet. 2018 fand im April ein Mittelalterfest mit Musiker, Tänzer, Ritter, Handwerker, Zauberer und Gaukler statt.
Als Ausflugstipp darf noch der nahe gelegene Affenberg erwähnt werden, der auf einem 24 Hektar großen Areal rd. 200 Berberaffen beheimatet.
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Quellen:
1) Die Burgen des Elsass; Band II: Der spätromanische Burgenbau im Elsass 1200-1250; Thomas Biller & Bernhard Metz; Deutscher Kunstverlag; 2007; S. 225-228
Online Quellen:
1) Offizielle Homepage der Greifvogelwarte
2) Kintzheim auf Wikipedia
3) Das Elsass auf Wikipedia
4) Kintzheim auf Burgenwelt.org mit Grundriss der Kernburg.
5) Kintzheim auf Burgenreich.de